Liebe Leserin, lieber Leser,
im Dezember 2007 hat die CDU ihr letztes Grundsatzprogramm verabschiedet, „Freiheit und Sicherheit“ war der Titel. Worte wie „Digitalisierung“, „Künstliche Intelligenz“, „Internet“ oder gar „Social Media“ kamen darin gar nicht vor. Zu China steht ein Satz im Text der gut 100 Seiten: „Aufgrund ihrer wachsenden Bedeutung wollen wir China und Indien dabei unterstützen, verantwortungsbewusste Teilhaber an und Gestalter der internationalen Ordnung zu werden.“ Allein anhand dieser Beispiele wird deutlich: Es ist Zeit für ein neues Grundsatzprogramm der CDU.
Die Arbeiten am Text eines neuen Grundsatzprogramms sind weit vorangeschritten. Am Wochenende hat die Grundsatzprogramm-Kommission unter der Leitung unseres stellvertretenden Parteivorsitzenden Carsten Linnemann in Cadenabbia, dem Feriendomizil von Konrad Adenauer am Comer See, wichtige Weichen gestellt. Wir wollen die Arbeiten im Mai nächsten Jahres auf dem nächsten Bundesparteitag der CDU in Berlin abschließen. Und bis dahin werden die Parteimitglieder vielfältige Gelegenheiten haben, an dieser Arbeit teilzunehmen und sie zu begleiten.
Es wird vor allem darum gehen, unser Bild von Deutschland für die nächsten fünf bis zehn Jahre zu zeichnen. Wo stehen wir heute, und wo wollen wir hin? Wie sehen wir Deutschlands Rolle in Europa und in der Welt? Welche Antworten geben wir auf die Herausforderungen des Klimawandels? Was müssen wir tun, um die großen Systeme unserer sozialen Absicherung zukunftsfest zu machen? Was können wir leisten, um im Zeitalter der Digitalisierung im internationalen Wettbewerb zu bestehen? Und was hält unsere diverser werdende Gesellschaft im Inneren zusammen?
Gerade die letzte Frage erfordert von uns differenzierte, aber auch klare Antworten. Die Zahl der Einwanderer nach Deutschland steigt steil an, aber es fehlt uns an einer konsequenten Steuerung. Die Integrationsprobleme in unseren Städten und Gemeinden nehmen rasant zu, das Bildungssystem hat gravierende Schwächen. Die Diskussion der letzten Tage jedenfalls zeigt uns: Wir stehen vor der unabwendbaren Notwendigkeit, die Prioritäten der Staatsaufgaben und für unsere Gesellschaft neu zu ordnen. Das wird nicht ohne Abstriche bei lieb gewonnenen Gewohnheiten gehen. Aber das gibt der CDU auch die Möglichkeit, wieder die Partei in Deutschland zu werden, der die Menschen mehrheitlich die Lösung der großen Aufgaben unserer Zeit zutrauen.
Nach diesem Wochenende in Cadenabbia kann ich jedenfalls sagen: Wir sind im Geiste einer sehr guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit in unseren Führungsgremien und in der Grundsatzprogramm-Kommission auf einem sehr guten Weg. Die Politik der Ampel macht zudem überdeutlich: Die CDU wird gebraucht. Gerade, wenn es schwierig ist.
Mit besten Grüßen
Ihr Friedrich Merz